Allgemein,  Motivation

Diagnose Diabetes – Mit Abstand betrachtet

Unbegründeter Schockmoment

Dont_Panic
Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Wenn ich so daran denke wie unbeholfen und machtlos ich mich fühlte als ich die Diagnose Diabetes erhalten hatte und wie sehr sich mein Leben in den letzten zwei Jahren verändert hat, frage ich mich manchmal, wie ich es überhaupt geschafft habe das alles zu stemmen. Im nachhinein betrachtet muss es eine unlösbare Mammutaufgabe gewesen sein.

Fast 800 Tage ist es nun her dass mir mein Arzt Diabetes TYP 2 attestierte und sich mein Leben komplett veränderte.

Eigentlich war ich bei Ihm weil ich mich müde und abgeschlagen fühlte. Andere Anzeichen für den Verdacht auf Diabetes gab es allerdings nicht (übermäßiger Durst oder Harndrang). Trotzdem vermutete er sofort dass ich Diabetes haben könnte und veranlasste direkt die Blutabnahme. Zwei Tage später dann die schockierende Diagnose: Diabetes.

Nachdem wir eine Woche später meinen neuen Speiseplan besprochen hatten stellte er mir meinen neuen Freund fürs Leben, mein Blutzuckermessgerät vor.

Von da an hatte ich die Möglichkeit selbst zu endecken wie sich welche Nahrungsmittel auf meinen Blutzucker auswirken. Da ich von Natur aus recht neugierig bin habe ich anfangs sehr häufig gemessen. Meine erste Diabetikerschulung hatte ich erst ein halbes Jahr nach der Diagnose bekommen. Bis dahin hatte ich bereits einige Kilos abgenommen und mein HbA1c war schon fast wieder im Normalbereich. Das ganze Hintergrundwissen dazu hatte ich mir damals aus Büchern und dem Internet zusammengesammelt.

Inzwischen muss ich kein Metformin mehr einnehmen und erstelle nur noch an einem Tag in der Woche ein sogenanntes Tagesprofil. Das heist ich nehme an einem Tag in der Woche sechs Blutzuckermessungen vor.

Wie habe ich das nur geschafft?

Nicht nur die Ernährung komplett und radikal umzustellen, sondern auch das Einkaufsverhalten zu ändern, die Freizeit umzugestalten, mehrmals am Tag pünktlich den Blutzucker messen, Kohlenhydrate berechenen, Sport treiben, etliche Arzttermine wahrnehmen und die ach so vielen neuen Informationen und Regeln in den Kopf zu bekommen, war nicht immer einfach. Vor allem alles zeitlich unter einen Hut zu bringen war für mich gerade in psychischer Hinsicht echt anstrengend. Heute läuft alles etwas entspannter ab. Das nötige Grundwissen hat sich fest ins Gehirn eingebrannt, die Arztbesuche sind auf eine Überschaubare Anzahl im Jahr geschrumpft, der Sport wird zwischen Arbeit und Abendessen reingeschoben und das lästige Blutzuckermessen findet nur noch einmal pro Woche statt.

Warum es wichtig ist sich Ziele zu setzen

Auch heute noch gibt es bei mir Tage an denen eigentlich keine Lust habe meinen Blutzucker zu messen. Aber dann erinnere ich mich wieder daran was ich ich mir vorgenommen habe und was ich erreichen möchte.

Ich möchte so lange wie möglich, ohne Insulin spritzen zu müssen, meinen Blutzucker im Zaum halten.

Bis jetzt gelingt mir das ganz gut. Ich konnte durch all diese Umstellungen und Schulungen eine Remission meiner Blutzuckerwerte erreichen. Das nennt man in Insiderkreisen wohl auch Honeymoon-Phase (hab ich mal Irgendwo gelesen 🙂 ). Ich hoffe dass diese Phase noch viele viele Jahre anhält.

Die Macht der Motivation

Bild von Kathleen Bergmann auf Pixabay

Gerade in den letzten Jahren habe ich sehr stark gespürt was Motivation mit mir und meinem Körper macht. In Sachen Blutzuckerwerte bin ich täglich am Ball geblieben. Weil ich ein Ziel habe das so lange ich lebe Bestand hält. Nämlich nie Insulin spritzen zu müssen. Ich bekomme bei jeder Blutzuckermessung ein Feedback ob ich noch im Zielkorridor liege oder nicht. Besser geht´s doch gar nicht.

In anderen Dingen hab ich in letzter Zeit ganz schön geschludert. Andere Dinge in meinem Leben hatte ich nach dem erreichen eines Ziels nicht mehr weiter verfolgt. Da das Ziel erreicht war, konnte ich es mir erlauben die Füße hochzulegen. Allerdings habe ich es anschliessend verpasst mir neue Ziele zu stecken. Und so kam es dass ich manche Hobbies heute einfach nicht mehr ausführe.

Warum passiert so etwas?

Wenn man keine erreichbaren Ziele (kein Warum) hat, ist es ja egal was passieren wird. Hat man aber ein Ziel, dann will man es auch erreichen. Das spornt manche Menschen (Sportler, Manager usw.) zu Höchstleistungen an.

Mein anderes (neues) Ich

Angetrieben durch mein(e) Ziel(e), haben sich in den vergangenen zwei Jahren einige Dinge in meinem Leben verändert.

Vor etwas mehr als 2 Jahren war es für mich in keinster weise denkbar dass ich…

  1. freiwillig Treppen benutze
  2. Zuckerfreie Limonade und Mineralwasser trinke
  3. Spazieren gehe
  4. freiwillig Umwege gehe
  5. auf Toastbrot / Burgerbuns verzichte
  6. ohne Süßigkeiten leben kann
  7.  keine Nachspeisen mehr brauche
  8. drei bis vier mal die Woche im Fitness-Studio trainiere
  9. Gemüse als Snack verzehre
  10. aufhöre zu rauchen
  11. weniger bis fast gar nicht mehr am Handy zocke
  12. Nährwerte von Lebensmitteln vergleiche
  13. mich um meine Gesundheit kümmere
  14. auch mal weitere Strecken zu Fuß gehe
  15. konsequent meine Blutzuckermessungen durchführe
  16. regelmäßig zum Arzt gehe
  17. Sendungen zu Gesundheitstehmen im TV oder bei Youtube ansehe
  18. mich für Biochemische Prozesse interessiere
  19. einen Blog über Diabetes starte
  20. mir mehrfach am Tag ein Loch in den Finger steche um Blut anzuzapfen
  21. mehr als 20 Kilo abnehme
  22. gerne Salat und Gemüse esse

Das sind eine Menge Punkte, nicht wahr? Doch dass ich all diese Veränderungen ohne mit der Wimper zu zucken durchgezogen habe, verdanke ich dem von mir gesteckten Ziel, so lange wie möglich kein Insulin spritzen zu müssen.

Irgendwie geht´s immer

Obwohl die Liste der Veränderungen lang ist und auf den ersten Blick „unschaffbar“ scheint, habe ich doch alle Punkte umgesetzt. Natürlich nicht alle auf einmal. So mancher Punkt stand am Anfang noch gar nicht zur Debatte, sondern hat sich im Lauf der Zeit erst ergeben. Zum Beispiel dass ich aufhöre zu Rauchen. Das erste was ich nach der Diagnose Diabetes umgesetzt hatte war ein radikaler Zuckerentzug. Danach folgte eine Phase der Informationsbeschaffung gefolgt von mehr Bewegung.

Heute fühle ich mich besser als jeh zuvor, auch mit Diabetes, oder villeicht sogar gerade deswegen. Natürlich war es manchmal nicht leicht. Gerade wenn von aussen weitere Belastungen auf einen zukommen kann man schon mal an seine Grenzen stoßen oder diese sogar überschreiten. Für diesen Fall empfehle ich die Unterstützung eines Psychologen.

Fazit

Im großen und ganzen kann ich nur sagen, dass ich eigentlich froh sein kann, dass mein Diabetes früh genug erkannt wurde um Folgeschäden zu vermeiden. Aber auch dass es überhaupt mich mit Diabetes getroffen hat. Ohne die Krankheit hätte ich niemals mein Leben umgekrempelt, wäre immer noch adipös, unbeweglich, faul und würde weiterhin rauchen und mich ungesund ernähren. Wichtig bei der ganzen Sache ist nur dass man trotz den ganzen Veränderungen immer man selbst bleibt und nichts mit Gewalt erwirken will. Steckt man sich kleine erreichbare Ziele, dann wird man belohnt wenn man sie erreicht hat und das motiviert einen sich neue Ziele zu setzen. Wirst du rückfällig, versuchs nochmal. So lange bis es klappt.

Denkt immer daran: Ein Rückfall ist eine Chance es nochmal versuchen zu dürfen.

Mit dieser Einstellung komme ich trotz Diabetes gut durch´s Leben. Ist mein Blutzuckerwert mal schlecht, dann lasse ich mich dadurch nicht runterziehen. Im Gegenteil, das spornt mich dazu an etwas dagegen zu tun.

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